Gedanken zum Weltfrauentag

An alle Frauen (und alle anderen)!

Lange habe ich überlegt, ob ich etwas zum Frauentag posten soll oder nicht. Zum Beispiel den typischen Schlachtruf: „Wir sind jeden Tag Powerfrauen (wahlweise zu ersetzen mit Superheldinnen, Göttinnen, das starke Geschlecht…) und nicht nur heute!“ oder auch „Frauen an die Macht!“ oder irgendein ein anderes feministisches Bla Bla. Ich habe mich dagegen entschieden, weil letzten Endes der Frauentag doch auch nur eine Erfindung des patriarchalischen Systems ist. Wir Frauen wollen Gleichberechtigung, gleiche Chancen, gleiche Gehälter, gleiches Ansehen.  Und womit geben wir uns zufrieden? Mit einem Tag, an dem wir uns, zur Besänftigung und Ruhigstellung, sagen lassen, was für wundervolle, reizende und schöne Geschöpfe wir seien oder man(n) uns Blumen in die Hand drückt. Und was machen wir? Wir schlucken die Pralinen runter und freuen uns, dass mal der Mann das Frühstück macht. Lassen uns dann von unseren Freundinnen erzählen, was für eine Perle von Mann wir doch hätten und vergessen darüber, dass es eine Selbstverständlichkeit sein sollte und keine hervorzuhebende Ausnahme, wenn der Göttergatte auch einmal etwas im Haushalt tut.    

Wisst ihr, solange wir Frauen uns wie das schwache Geschlecht verhalten, solange wir uns nicht zur Wehr setzen, wenn uns Unrecht getan wird, aus Angst, als Zicke dazustehen, solange wir nicht zurückschlagen, wenn uns ein Mann Gewalt antut, solange wir keinen Nagel selbst in die Wand hämmern , aus Angst, die frisch manikürten Nägel zu ruinieren, solange wir es selbst sind, die Männern nicht zutrauen, die Kinder zu erziehen, zu kochen oder zu putzen, so lange wir unseren Söhnen sagen, dass Jungs kleine tapfere Indianer zu sein haben und nicht weinen dürfen, solange wir mit flatternden Augenlidern Männer um Gefälligkeiten bitten, solange wir uns hinterherpfeifen und anzügliche Kommentare hinterherrufen lassen, solange wir selbst den Glauben in uns tragen, dass Männer nun mal Geschöpfe seien, die aus genetischen Gründen weder Verständnis für Frauenproblematiken noch für dekorative Inneneinrichtung aufbringen können, solange wir einen Herrn Trump zum Präsidenten wählen, solange wir Justin Timberlake anhimmeln, aber eine Frau Merkel eine untervögelte Emanze schimpfen, solange wir uns von Frauenzeitschriften diktieren lassen, wie viel Gewicht wir auf die Waage bringen dürfen und es zulassen, dass eben solche Magazine ungeschminkte Wahrheiten, die eigentlich keines Skandals würdig sind, mit frauenfeindlichen Schlagzeilen betiteln, solange wir Frauen der Meinung sind, dass ein wenig Testosteron in Form eines männlichen Kollegen in einem Team von ausschließlich Frauen dafür Sorge, dass kein Zickenkrieg entstehe und vor allem, und das ist das Schlimmste, so lange wir Frauen uns untereinander fertig machen, uns gegenseitig  Steine in den Weg legen, miteinander konkurrieren, statt uns zu unterstützen, und solange wir andere Frauen als Schlampe bezeichnen, wenn sie es wagen, sich die gleichen Rechte rauszunehmen, wie Männer sie haben, so lange kann ich keinen Frauentag feiern. 

Liebe Frauen, liebe Männer, liebe Diverse, ich hoffe ihr hattet gestern einen wundervollen Sonntag, an dem ihr euch gegenseitig mit Liebe und Respekt begegnet seid, so wie an jedem anderen Tag in der Woche auch.